Rambin, April 2015. Fast alle Patienten in Deutschland sagen, das Vertrauensverhältnis zu ihrem Arzt sei gut oder sogar sehr gut: genau 92 Prozent. „Das ist die wichtigste Grundlage für Therapie und Vorsorge,” sagt Dr. Martina Lindner, neue Ärztin in Rambin.
Wobei „neu” etwas ungenau ausgedrückt ist. Tatsächlich trat sie ihren Dienst schon im Oktober 2014 in der Praxis Rugiamed der Doktoren Kerstin und Francis Baudet an. Damals hatte der pure Zufall zwei Arztpersönlichkeiten zusammengebracht – aber das ist eine andere Geschichte; etwas davon kannst Du hier lesen. Heute jedenfalls, ab 1. April 2015, ist Dr. Martina Lindner offiziell die niedergelassene praktische Ärztin mit ihrer Praxis in der kleinen Straße Zum Landambulatorium mitten im alten Dorfkern von Rambin. Das ist die Neuigkeit. Und Dr. Baudet wird künftig nur noch wenige Stunden in der Woche in seiner Bergener Praxis Schmerz- und Psychotherapie ausüben: „Mit 72 Jahren sollte man leiser treten und den Platz für Jüngere freimachen,” schreibt er in seiner Einladung zur Verabschiedung und symbolischen Übergabe der Praxisschlüssel.
Wer also ist nun die „Jüngere”? Dr. Martina Lindner ist Jahrgang 1960 und kommt aus Aken, dem beschaulichen Städtchen an der Elbe, unweit von Dessau. Dort war sie 24 Jahre lang niedergelassene praktische Ärztin mit einer gut gehenden Praxis im Zentrum und drei Außenstellen in den dörflichen Stadtteilen. Nahezu 1.000 Patienten hatte sie insgesamt: „Mehr geht nicht, wenn man Zeit für das Patientengespräch haben will“. Ihr Plan war, bis zur Rente im sachsen-anhaltinischen Ort ihre Arbeit zu machen und mit Familie ab und an in einem Ferienhaus auf Rügen Entspannung zu finden. Das Ferienhaus fand sich nach längerem Suchen in der Rambiner Dorfmitte. Soweit war alles gut.
Und nun zum puren Zufall, von dem anfangs dieser Geschichte die Rede war.„Schuld” daran hatte eine Anzeige im Deutschen Ärzteblatt, dem Standesorgan der bundesdeutschen Ärzteschaft. Das Blatt kam ihr nach Kauf des Hauses in Rambin in die Hand. Darin war zu lesen, dass auf Rügen eine Arztpraxis aus Altersgründen abzugeben sei. Diskussion im Familienkreis: Rügen ist groß, und Rambin liegt im äußersten Westen der Insel, weite Wege zwischen Wohnen und Arbeiten kämen nicht infrage – aber wenn die Praxis nicht allzu weit von ihrem neuen Domizil entfernt läge, dann könnte man ja mal… Mit der Internetrecherche kam die Überraschung: Die abzugebende Praxis befand sich nicht irgendwo auf der Insel, sondern quasi nebenan – gerade mal 20 Meter vom „Lindnerschen” Ferienhaus entfernt. „Meine Güte, das gibt‘s doch gar nicht“, war ihre erste Reaktion. Sollte sie doch noch ihren Lebensplan über Bord werfen und von Aken ganz nach Rambin wechseln? Das gekaufte Haus jedenfalls würde sich auch als Dauerbleibe eignen.
Die Entscheidung ist ihr beileibe nicht leicht gefallen. Sie glich buchstäblich dem Sprung ins kalte Wasser. Mit ihrem Vorgänger wurde sie schnell einig. Zunächst begann sie im Oktober als angestellte Ärztin in der Praxis. Dann musste die Kassenärztliche Vereinigung noch ihren Segen für ihre Arzt-Niederlassung in Rambin geben. Jetzt, nach der offiziellen Praxisübergabe „bin ich mein eigener Boss”, freut sich Martina Lindner. Und sind alle zufrieden: Francis Baudet, weil er nach langem Suchen die Nachfolge regeln konnte – Patienten und Bürgermeister, weil die Praxis keinen einzigen Tag verwaist war – und die „Jüngere”, weil sie in Rambin inzwischen „gut angekommen” ist, wie sie sagt.
Hier sei es ähnlich wie in ihrem alten Wirkungsfeld: Das Durchschnittsalter der Menschen in Aken wachse immer weiter, genau wie in Rambin. Wenn Kinder erwachsen würden, zögen sie meist weg. Auch hier treffe sie auf gewachsene familiäre Strukturen. Und: sie findet das Leben in Rambin und auf Rügen „einfach herrlich, fast wie im Urlaub“. Klar, die Arbeit als Ärztin mit 900 bis 1.000 Patienten verlangt hohes berufliches Engagement. Aber sie muss jetzt viel weniger mit dem Auto fahren, in Aken waren ja auch ihre drei Außenstellen zu betreuen. Da bleibt in Rambin mehr Zeit für den einzelnen Patienten.
Als sie mit Prüfungen ihr Studium abschloss, war Deutschland gerade im Umbruch der Wendezeit. 1989 legte sie ihre Approbation ab, die Urkunde hielt sie schon mit 28 in der Hand. Nach DDR-Regeln war sie jetzt Diplom-Medizinerin. Angesichts von Umfang und Qualität ihrer Diplomarbeit rieten ihre Prüfer dazu, noch die Doktorarbeit abzulegen. So promovierte sie 1990 und ist seither praktische Ärztin Dr. med. Irgendwie eine schöne neudeutsche Erfolgsgeschichte, abgerundet mit einem puren Zufall.
Hallo
und wieder ein schöner Beitrag für unser Dorf, mach‘ bitte weiter so.
Gruss Hartmut
Hey Frank,es ist wieder ein schöner Bericht,freue mich immer über deine Ruegen neuheiten.Gruss Nicole u.Knut!