Rügen. Die Idylle kann trügerisch sein, manchmal endet sie auch tödlich: Wenn Schwäne vom Kubitzer Bodden aufsteigen und mit singendem Flügelschlag zu den benachbarten Feldern fliegen, geraten sie schon mal mit der nahe gelegenen 20.000-Volt-Stromleitung in Konflikt. Den Stromschlag überleben die stolzen Vögel nicht, darüber sind alle einer Meinung. Aber welche Wirkungen der Kurzschluss in der Leitung und beim Endabnehmer im Haus bewirkt, darüber gibt es unterschiedliche Aussagen. Fest steht jedenfalls: Der Netzbetreiber will jetzt Abhilfe schaffen und lässt die Freileitung durch ein unterirdisches Kabel ersetzen.
Die Maßnahme diene nicht allein dem Schutz der Schwäne, erläutert Pressesprecher Michael Elsholtz vom Energieunternehmen Edis in Rostock: „Es geht uns auch um die Sicherheit der Stromversorgung“. Bislang sorge eine ausgeklügelte Technik dafür, dass es zu keiner lang anhaltenden Stromunterbrechung kommt, wenn sich ein Schwan mit seinen bis zu zweienhalb Meter weiten Flügelschlägen in der Freileitung verfängt. Dann trete das sogenannte AWE-System in Aktion, die „Automatische Wiedereinschaltung“. Wie auch im Haushalt schaltet beim Kurzschluss eine Sicherung den Stromfluss ab. Das AWE-System gibt aber nach wenigen Millisekunden einen Impuls ins Netz. Zeigt sich dabei, dass kein Kurzschluss mehr in der Leitung besteht, wird der Stromfluss automatisch wieder freigeschaltet. Das Ganze, so Michael Elsholtz, mache sich im Haus nur durch ein kurzes Flackern des Lichts bemerkbar. Bei empfindlichen Elektronik-Geräten könne es aber auch zu Schäden führen.
Ganz so reibungslos, wie es der Edis-Sprecher beschreibt, funktioniert das System allerdings nicht immer. „Dann haben wir hier für drei bis vier Stunden keinen Strom“, berichtet in der Neuendorfer Kate Dr. Lutz-Arend Meyer-Reil. Das passiere jeden Winter zwei- bis dreimal. „Hier am Kubitzer Bodden haben wir bis zu 1.000 Wintergäste“, weiß der emeritierte Professor der Universität Greifswald, „neben Höckerschwäne auch die selteneren Singschwäne“. Zu den Beschwerden über Stromausfälle habe Edis auch Druck von Seiten des Naturschutzes bekommen, damit die Freileitung durch ein Erdkabel ersetzt wird.
Warum eher Schwäne und nicht die etwa gleich großen Kraniche in die Freileitungen geraten, erklärt der Mikrobiologe und Tierkenner Meyer-Reil so: „Wenn die Schwäne beim Gründeln im Kubitzer Bodden nicht mehr genug Nahrung finden, weichen sie auf die Felder und Wiesen der Umgebung aus“. Hier fänden sie auch bei Schneelagen ausreichend Nahrung, „sie brauchen nicht tief zu graben, denn der Wind treibt den Schnee meist vom Acker“. Abends, wenn die Tiere zum Bodden zurückkehren, passiere manchmal das Malheur. Mit ihrem Gewicht von bis zu 14 Kilogramm bräuchten Schwäne eine lange „Startbahn“ und kämen nur langsam auf Höhe. Dabei sei schon mal die Freileitung im Weg.
Noch steht sie unter Strom auf der Strecke über das Feld von der Neuendorfer Kate in Richtung des Samtenser Ortsteils Natzevitz. Auf halber Distanz durchquert die Leitung dann einen Wald nach Gingst. Eine Elektrofirma hat das Erdkabel bereits unter dem Acker verlegt. Auf 120 Metern Länge ist gerade unter dem Wald mit einer sogenannten Horizontalbohrung ein Leerrohr gezogen worden. Hier soll demnächst das Kabel durchgeführt werden und dahinter an die weiterhin bestehende Freileitung nach Gingst angeschlossen werden. Im nächsten Winter jedenfalls werden die Schwäne freien Flug und die Bewohner der Neuendorfer Kate störungsfreie Stromlieferung haben.
Kommen wir zurück zu Mythen und Fantasien, die sich um den Schwan ranken: In Ostpreußen oder Litauen ist ein schönes Volkslied entstanden. Wie es klingt und welche historischen Ereignisse sich darin widerspiegeln, erfährst Du hier...
Bei uns wurde ebenfalls durch eine gesteuerte Horizontalbohrung ein Leerrohr gezogen. Das Prozedere dabei ist schon ziemlich beeindruckend, vor allem bei Ihrem Fall wo 120 Meter weit gebohrt worden ist. Vielen Dank für Ihren Beitrag zur Horizontalbohrung.