Rügen/Hiddensee, September 2014. Rügens Küste lebt in mehrfacher Hinsicht. Wie die Wüste ist auch die Küste der Insel Rügen ständigen Veränderungen unterworfen. Steilufer bröckeln, brechen manchmal in großen Planken ab.
Das Reddevitzer Höft mit „Kasper Ort” im Südosten von Rügen ist ein augenfälliges Beispiel. Am äußersten westlichen Kap nagen See, Westwind und Wetter an der steilen Sandsteinküste und holen sich Land mitsamt Vegetation von oben. Besonders lebendig ist auch Rügens Kreideküste im Bereich der Wissower Klinken: 2005 stürzten 50.000 Kubikmeter Kreide in die Ostsee.
Im Jahr 2012 kam bei einem Kreideabbruch die zehnjährige Katharina auf tragische Weise ums Leben. Schön, aber gefährlich ist auch die Küstenwanderung unterhalb der Kreidefelsen. Im Frühjahr 2015 kamen kurz hintereinander zwei Touristen auf dem Weg von der Stubbenkammer nach Sassnitz in Lebensgefahr. Sie sanken im Kreideschlamm, der zuvor von der Steilküste abgebrochen war, ein. Eine Frau konnte nur durch Einsatz der Feuerwehr gerettet werden. Ein junger Mann konnte sich gerade noch selbst befreien. 2017 gab es zwei Todesfälle an der Kreideküste.
Sanfter gehts an flachen Küstenabschnitten zu, aber dafür nicht weniger augenfällig: Seegang und Strömung tragen Sand ab; an anderen Stellen lagert er sich in flachen, so genannten Sandhaken wieder ab. Die Küste wächst. Ein Wandel, den man an manchen Stellen in Monatsabständen beobachten kann:
Zwischen 30 und 60 Meter pro Jahr wächst der Neubessin im Norden von Rügens Schwesterinsel Hiddensee der Neue Bessin. Seit der Wiedervereinigung Deutschlands, 1989, ist dieser Sandhaken bis 2006 um 635 Meter nach Süden gewachsen. Durch eine Überspülung wurde Anfang der Neunzigerjahre ein Teil des südlichen Neubessins abgetrennt. Diese jüngste Insel der Ostsee hat auch schon einen Namen: Plathe ist 400 Meter lang, allmählich bildet sich auf den Sandablagerungen Vegetation. Ähnliche Küstenveränderungen gibt es am Gellen im äußersten Süden von Hiddensee.