Christian Thiede (FDP), Bürgermeister
Rambin habe gute Standortqualität sagt der Kommunalpolitiker, der seit 1994 ununterbrochen Bürgermeister ist: „Die Verkehrsanbindung zum Festland mit Rügenbrücke und Rügendamm, unser Bahnhof direkt im Ort mit zuverlässigen Zugverbindungen, zwei Arztpraxen, Einkaufsmöglichkeiten im Dorf und in der Pommernkate, die zudem einige Veranstaltungen bietet. „Wir haben hier ein buntes Dorfleben, und die Vereine in Rambin haben integrative Kräfte entwickelt.” Das wolle man stärken. Gleichwohl gebe es noch viel zu tun.
Mit Ausbau von Straßen innerhalb von Rambin und in den Ortsteilen habe man die Verkehrsverhältnisse verbessert, ohne Natur und Landschaft erheblich zu verletzen: „In der letzten Wahlperiode von Bessin zum Klärwerk und von Rothenkirchen nach Neuendorf. Breesen kommt in den nächsten Jahren dran, nämlich mit Ausbau der Wege nach Scharpitz (zur alten B96) und zum Dorfkern von Rambin. Der Radweg über Breesen und Gurvitz nach Altefähr wird 2015 ausgebaut. Zusammen mit der Fähre zwischen Altefähr und Stralsund schaffen wir eine weitere touristisch attraktive Strecke.”
Nur einige Beispiele für Projekte, die man gemeinsam in der Gemeindevertretung auf den Weg gebracht habe, sagt Thiede, der sich nicht selbst mit den Fortschritten brüsten will. Essenziell sei das Ausschöpfen von Fördermitteln. Sechs Millionen Euro für einen Siebenjahreszeitraum habe man bei der Landesregierung akquirieren können. Wer glaubt, in einer Gemeinde mit weniger als tausend Einwohnern gebe es wenig gestalterischen Spielraum, irre gewaltig.
Mit innovativen Ideen und neuen Plänen zusätzliche Einwohner gewinnen? Dafür setzt das Regionale Raumentwicklungsprogramm Vorpommern enge Grenzen. Stralsund und Greifswald sind – wie Planer es nennen – als Oberzentrum ausgewiesen, Bergen ist für Rambin das Mittelzentrum und Samtens das Grundzentrum. So sollen gewachsene Strukturen erhalten bleiben und die Gewichte nicht verschoben werden. B-Pläne für Neubaugebiete, wie sie noch zur Jahrtausendwende ausgewiesen werden konnten, sind in Rambin nur noch eingeschränkt zulässig. Lückenbebauung, unterstreicht Christian Thiede, gebe innerhalb unserer Siedlungsstruktur noch einige Möglichkeiten. Dafür wolle man Eigentümer der Grundstücke und Bauinteressenten gewinnen.
Die Gemeinde energieautark machen? Neue Windanlagen seien laut Raumordnung nicht zugelassen. Biogas werde zwar im Ortsteil Rothenkirchen erzeugt, der Anschluss von Rambin aber rechne sich nicht für den Betreiber. Grenzen setzen vor allem die Gemeindefinanzen. „Die Umlagen, die wir jetzt an das Amt West-Rügen und den Kreis zahlen, sind jetzt höher als unsere Landeszuweisungen; die Lücke müssen wir aus den ohnehin knappen Einnahmen aus Gewerbesteuer und Einkommensteuer-Anteilen bezahlen.”
Hendrik van Reemen (CDU), Erster Stellvertretender Bürgermeister
Spielräume für große Projekte in der kleinen Gemeinde mit engem finanziellen Rahmen? Gibt es die? „Klar, wenn alle am gleichen Strang und obendrein noch in die gleiche Richtung ziehen, dann lässt sich eine Menge auf die Beine stellen”, sagt Hendrik van Reemen. In der Gemeindevertretung von Rambin war das zum Beispiel so, als es um den Kindergarten ging. Das alte Haus musste saniert werden. Es zeigte sich bald, wie hoch die Kosten dafür sind. Van Reemen, der seit 2009 in der Gemeindevertretung ist: „Wir haben uns mit der Arbeiterwohlfahrt zusammengesetzt. So kam die Idee, für die Kinder gleich ein neues Haus zu bauen”. Die Mehrkosten gegenüber einer Sanierung habe die Gemeinde noch gut verkraften können. Heute seien Kindergarten und Krippe gut frequentiert. Für junge Familien eine gute Voraussetzung im Wohnort Rambin. Oder: „Welche Gemeinde mit weniger als tausend Einwohnern kann mit einem so attraktiven Spielplatz aufwarten? Sogar mit einem Rodelberg, den haben wir aus Bauaushub aufschütten lassen.”
Große Sprünge machen Rambiner wohl von Natur aus nicht, auch nicht in der Gemeindevertretung. „Straßenausbau wird heutzutage eher als selbstverständlich angesehen”, ordnet Hendrik van Reemen Maßnahmen ein, die in der vergangenen Wahlperiode auf den Weg gebracht worden sind. Sie brächten Verbesserungen im Kleinen, das werde heute meist als selbstverständlich angesehen. Da punkte man eher in Verhandlungen, wenn es um den Bestand gehe. „Als vor drei Jahren die Biogasanlage in Rothenkirchen gebaut wurde, haben wir den Investor, die C4 Energie AG, für eine veritable Förderung unseres Sportvereins Rambin 61 e.V. gewinnen können.”
Ob Rambin als eigenständige Gemeinde überlebensfähig ist? Die Dorfgemeinschaft mit ihren Ortsteilen sei eine gewachsene Struktur. Die dürfe man nicht ohne Not zerstören. Neue Familien für den Wohnort Rambin zu gewinnen sei durch Raumordnung und Grundstückverhältnisse allerdings schwierig. Wenn die Rahmenbedingungen einmal größere Verwaltungseinheiten unvermeidbar machen sollten, dann könne man ja mal zum nächsten Nachbarn Altefähr auf Tuchfühlung gehen, bevor man Teil von Samtens werde.
Mehr interessiert ihn, was man in den nächsten Jahren für die Menschen in Rambin tun könnte. Er denkt dabei vor allem an zwei Bevölkerungsgruppen: an die Jungen und die Alten. In Rambin wohnen 180 junge Menschen im Alter unter 25. Wer keine Arbeit habe oder finde, verlasse Rambin für immer, weiß van Reemen, dann blute die Gemeinde aus: „In diesem Punkt müssen wir kreativ werden, zum Beispiel, um bessere Voraussetzungen für selbstständige Arbeit zu schaffen”. Und um Mut zu machen. Mit dem schnellen Internet habe Rambin einen großen Standortvorteil. Heute sei es nicht mehr wichtig, von welchem Ort aus jemand sein Geschäft im Web betreibe. Entscheidend seien die richtige Geschäftsidee, günstige Rahmenbedingungen und Starthilfen. Der Internetmarkt für asiatische Lebensmittel (Yoaxia, Vertrieb u.a. bei ebay und Amazon) in Rambin-Bessin gebe dafür ein Beispiel.
Auch für die älteren Rambiner, deren Zahl in den kommenden Jahren und Jahrzehnten erheblich wachsen werde, will sich Hendrik van Reemen in der nächsten Gemeindevertretung engagieren: „Wenn ich wieder gewählt werde, will ich mich dafür einsetzen, dass wir einen Fahrdienst einrichten.” Stralsund mit seinem Kulturangebot und den Einkaufsmöglichkeiten liege doch direkt vor unserer Haustür. Was liege da näher, als Mitbürger, die nicht mehr so mobil sind, hin- und wieder zurückzubringen oder sogar zu begleiten? Ganz sicher ist er, dass sich genug jüngere Rambiner finden lassen, die ehrenamtlich die Fahrten organisieren.
Hartmut Männchen (DIE LINKE), Mitglied der Gemeindevertretung
Reichlich Erfahrungen in der Gemeindevertretung hat er in den fünf Jahren seit 2009 gewinnen können: „Wir sind ein wirklich gutes Team über Grenzen von Parteien hinweg”. Auch Hartmut Männchen verweist auf Gemeindeprojekte wie den Straßenbau, die Neubauten von Kindergarten und Sportlerheim, die weitere Ausgestaltung des Spielplatzes, Maßnahmen zur Dorfverschönerung wie den Platz zum Verweilen an der Linde am Abzweig nach Grabitz. Man habe viel bewegen können, im Großen und auch mit kleinen Projekten. Besondere Freude hat Männchen daran, dass der Kindergarten so gut angenommen werde: „Sogar aus Samtens kommen Kinder”. An die 40 sind es derzeit, vom Kleinkind- bis zum Schulalter werde hier betreut. Land und Kreis trügen einen Teil der Kosten. Den verbleibenden Rest teilten sich Gemeinde mit 55 Prozent und die Eltern mit ihren Beiträgen zu 45 Prozent. „Eine faire Lösung”, findet Hartmut Männchen.
In der ersten Euphorie nach der Wende habe man auch Fehler gemacht. So kam der Straßenausbau nach Götemitz die Gemeinde teuer zu stehen: „An dem Kredit zahlen wir heute noch ab”. Mit den Verkäufen der alten Schule und des früheren Kindergartens habe die Gemeinde mehr finanzielle Handlungsmöglichkeiten gewonnen. Allerdings: Dass der Investor bislang aus den alten Gebäuden nichts gemacht habe, bedauert Männchen. Ebenso, dass das Kloster St. Jürgen vor Rambin mit den umliegenden Gebäuden immer mehr verfalle. Früher habe man mit Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) die Anlage noch einigermaßen in Schuss halten können. Jetzt, wo die Hansestadt Stralsund Eigentümerin ist, passiere gar nichts mehr. Nur vier Familien leben derzeit noch in dem geschichtsträchtigen Komplex. „Wo der Mensch nicht mehr wohnt, verfallen Gebäude,” klagt Männchen und das Schlimmste: „Die Gemeinde kann gar nichts daran ändern”.
Die Arbeit der Gemeindevertretung könne man nicht allein daran messen, was im und um den Ort verbaut worden ist. „Die Frage ist doch, was haben wir für die Leute gemacht?” Und was entstehe in Eigeninitiativen der Bürger? Und da gehe es nicht immer um großes Geld. Derzeit werde von Erika Hildebrand eine Ausleih-Bibliothek aufgebaut. Man habe die Rentner zusammengeholt und biete jeden Monat im Sportlerheim Veranstaltungen. Vor allem die Vereine, Klubs und Interessengruppen trügen viel zum Dorfleben bei: „Der Anglerverein mit seinem jährlichen Sommerfest im Hafen, der Fußballverein Rambin, zwei Chöre, die Wander- und Sportgruppe oder der neu entstandene Skatclub”. Sie alle seien beteiligt am geselligen Leben im Ort.
Wie steht es um die Standortvorteile und die künftige Entwicklung von Rambin mit seinen Ortsteilen? Mit mehr als 30 Quadratkilometer ist Rambin eine große Flächengemeinde. Fast alles liegt im Außenbereich, kann also nicht oder kaum bebaut werden. „Doch, wir haben noch Platz zum Wachsen, allein 27 Baugrundstücke kenne ich im Ort”, Männchen weiß auch, wie Bauinteressenten auf Rambin kommen: „Durch Mund-zu-Mund-Propaganda”. Weitere Vorteile werde der Standort auch aus der B96n ziehen, wenn sie ab Ende nächsten Jahres das Dorf vom Durchreiseverkehr befreie. Kilometerlange Staus zur Urlaubszeit würden dann endgültig der Vergangenheit angehören.
Nach der Wahl werde sich die Gemeindevertretung auch mit dem Flurerneuerungsprogramm befassen. Auch ein solches Verfahren stärke die Standortqualität. Es gehe um verbesserten Zuschnitt der gewachsenen Grundstücksverhältnisse – Voraussetzung für den künftigen Wegebau im Außenbereich südlich der Bahntrasse und der neuen Bundesstraße 96.
Und, was ist bei der Kommunalwahl herausgekommen? Hier ist das Ergebnis.